Bekanntlich hat der Besoldungsgesetzgeber in NRW im Lauf des Jahres 2023 keine Anpassungen der Besoldung oder Versorgung infolge der spätestens 2022 krisenbedingt eingetretenen massiv veränderten wirtschaftlichen Rahmendaten im Hinblick auf die Gewährleistung der amtsangemessenen Alimentation vorgenommen. Es liegen auch noch keine Ergebnisse der Landesregierung für das Jahr 2022 und erst recht nicht für das Jahr 2023 vor, ob und inwiefern die Veränderungen der gesamtwirtschaftlichen Situation aber auch weiterer Aspekte wie die Einführung des Bürgergelds einschließlich der Erhöhung der sozialrechtlichen Regel-/Bedarfssätze Auswirkungen auf das Abstandsgebot zum Grundsicherungsniveau haben und zu Anpassungen der Besoldungs- und Versorgungsbezüge führen müssen.
Der DBB NRW hatte nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 04. Mai 2020 zur Grundbesoldung (Aktenzeichen 2 BvL 4/18) und zur Alimentation ab dem dritten Kind (Az. 2 BvL 6/17 u.a.) zur Sicherung möglicher Ansprüche über die Notwendigkeit der „zeitnahen“ Geltendmachung (sicherheitshalber im jeweiligen Haushaltsjahr) informiert und Musteranträge/-widersprüche zur Verfügung gestellt. Nachdem das Land NRW als Besoldungsgesetzgeber die Entscheidung zu den kinderreichen Familien bereits im Jahr 2021 umgesetzt und Regelungen rückwirkend bis ins Jahr 2011 getroffen hat, erfolgte die Umsetzung der Entscheidung zur „allgemeinen“ Alimentation mit Wirkung ab dem Jahr 2022. Hierüber hatten DBB NRW und DJG NRW ebenfalls berichtet. Die Landesregierung hat zwar Regelungen auch für davorliegende Jahre angekündigt, entsprechende Aktivitäten stehen aber weiterhin aus.
Der DBB NRW hatte sich trotz dieser Änderungen auch für das Jahr 2022 entschieden, dass ein Musterantrag/-widerspruch zur Geltendmachung der amtsangemessenen Alimentation zur Verfügung gestellt werden soll. Diese Entscheidung war von Erwägungen getragen, die auch noch für das Jahr 2023 Gültigkeit haben. Denn die durch den Besoldungsgesetzgeber in NRW gefundene Lösung zur Umsetzung der Entscheidung zur allgemeinen Alimentation („Grundbesoldung“) enthält zwar eine gewichtige Neustrukturierung im Bereich des Familienzuschlags bis einschließlich dem zweiten Kind mit Einführung einer regionalen, an die jeweilige Mietenstufe orientierte Komponente.Der DBB NRW konnte jedoch weder für das Jahr 2022 noch kann er für das gegenwärtig laufende Haushaltsjahr abschließend beurteilen, ob mit dieser Neugestaltung die Besoldung aber auch die Versorgungsbezüge nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts verfassungsgemäß sind. Einerseits wirft die stärkere Betonung der kindbezogenen Familienzuschläge die Frage auf, ob das Leistungsprinzip im Besoldungsgefüge noch hinreichend beachtet ist. Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass die massiv veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Auswirkungen auf die Verfassungsgemäßheit der amtsangemessenen Alimentation haben. Denn diese können sich auf die Höhe des Grundsicherungsniveaus auswirken, welches wiederum als Ausgangsbasis zur Ermittlung des Abstandsgebots heranzuziehen ist. Der DBB NRW hat bereits in seinem letztjährigen Informationsschreiben zur Geltendmachung für das Jahr 2022 auf die verfassungsrechtliche Beobachtungspflicht des Besoldungsgesetzgebers hingewiesen. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts muss der Besoldungsgesetzgeber nämlich die Entwicklung der für die Bemessung der Alimentation maßgeblichen Parameter beobachten und die Besoldung ggf. anpassen. Dies zwingt den Gesetzgeber – je nach Erhalt des für die Berechnung des Abstandsgebots auszuwertenden statistischen Materials – aber zu einer rückwärtigen Betrachtung, die sich auf bereits vergangene Zeiträume und abgeschlossene Haushaltsjahre erstrecken kann. Daher kann aus Sicht des DBB NRW weiterhin nicht ausgeschlossen werden, dass nachträglich Anpassungen der Besoldung nicht nur im Jahr 2022, sondern auch für das Jahr 2023 notwendig werden. Da der Besoldungsgesetzgeber in NRW jedoch bislang immer auf das Geltendmachungserfordernis im laufenden Haushaltsjahr beharrt hat, erscheint es aus Sicht des DBB NRW geboten, den Kolleginnen und Kollegen zur Sicherung möglicher Ansprüche für das Jahr 2023 erneut Musteranträge/-widersprüche zur Verfügung zu stellen. Dies gilt sowohl für die Beamtinnen und Beamtinnen als auch für die Versorgungsempfängerinnen und -empfänger.
Der DBB NRW weist ausdrücklich darauf hin, dass dieser Antrag und Widerspruch aus Sicherheitsgründen für jedes Jahr zu wiederholen ist. Er muss dazu noch in diesem Kalenderjahr der beim jeweiligen Dienstherrn zuständigen Stelle zugehen. Derzeit existiert nach Kenntnis des DBB NRW für die Beamtinnen und Beamten sowie Versorgungsempfängerinnen und -empfänger des Landes NRW noch die Weisung des Ministeriums der Finanzen NRW, bis zur Klärung nicht über solche Anträge und Widersprüche zu entscheiden.
Wir bitten um Verständnis, dass aufgrund der Vielzahl der betroffenen Beamtinnen und Beamten weder Beratungs- noch Verfahrensrechtsschutz gewährt werden kann.
Klaus Plattes
Landesvorsitzender