Die Physiotherapie ist das wichtigste Berufsfeld für blinde und sehbehinderte Menschen ohne Abitur. Nun schlägt der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) Alarm, denn laut Plänen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) sollen Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten zukünftig nur noch an Hochschulen ausgebildet werden. Dadurch wäre ein Großteil der blinden und sehbehinderten Menschen, die heute für eine Ausbildung in der Physiotherapie in Frage kommen, zukünftig davon ausgeschlossen.
Unter den blinden und sehbehinderten Menschen, die im Bereich der medizinisch-therapeutischen Berufe arbeiten, hat kaum jemand Abitur. Etwa die Hälfte dieser Menschen war in einem anderen Beruf tätig, als die Seheinschränkung eintrat. Sie mussten dann ihre jeweilige Laufbahn abbrechen und erwarben ihre physiotherapeutische Qualifikation im Rahmen einer beruflichen Reha-Maßnahme. Sollte die vom BMG geplante Reform umgesetzt werden, könnte dieser Personenkreis nicht mehr Physiotherapeutin bzw. Physiotherapeut werden, weil ein Studium von den Kostenträgern derzeit nicht als Rehabilitationsleistung unterstützt wird.
Bereits jetzt ist Arbeitslosigkeit ein riesiges Problem unter blinden und sehbehinderten Menschen. Im Bereich der Physiotherapie haben sie jedoch beste Chancen, die Vermittlungsquote liegt bei nahezu 100 Prozent. Zudem ist aufgrund der alternden Gesellschaft in Deutschland mit einem wachsenden Bedarf an Fachkräften zu rechnen. „In dieser Situation den Zugang zu diesem Berufsfeld zu erschweren und auf die wertvolle Ressource blinder und sehbehinderter Menschen zu verzichten, macht vorne und hinten keinen Sinn“, sagt DBSV-Präsident Hans-Werner Lange.
Günter Uhlworm
Stv. Landesvorsitzender DJG NRW
Fachbereich Menschen mit Behinderung
Quelle: EU-Schwerbehinderung – Das Online Nachrichtenmagazin. 08.10.2022