Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 04. Mai 2020 zur Grundbesoldung (Aktenzeichen 2 BvL 4/18) und zur Alimentation ab dem dritten Kind (Az. 2 BvL 6/17 u.a.) hatte der DBB NRW zur Sicherung möglicher Ansprüche über die Notwendigkeit der „zeitnahen“ Geltendmachung (im jeweiligen Haushaltsjahr) informiert und

Musteranträge/-widersprüche

zur Verfügung gestellt. 

Nachdem das Land NRW als Besoldungsgesetzgeber die Entscheidung zu den kinderreichen Familien bereits im Jahr 2021 umgesetzt und Regelungen auch rückwirkend bis ins Jahr 2011 getroffen hat, erfolgte die Umsetzung der Entscheidung zur „allgemeinen“ Alimentation in diesem Jahr. Hierüber hat der DBB NRW ebenfalls be-richtet. Hinzukommt, dass derzeit noch ein Gesetzgebungsverfahren anhängig ist und kurz vor dem Abschluss steht, mit welchem Korrekturen (zugunsten der Beamtinnen und Beamten sowie Versorgungsempfängerinnen und -empfänger) an der Neugestaltung vorgenommen werden. Bekanntlich enthält diese Umsetzung allerdings nur Regelungen ab dem Jahr 2022. Informatorisch können wir mitteilen, dass von der Landesregierung zwar auch Regelungen für davorliegende Jahre beabsichtigt seien, derzeit aber noch nicht bekannt ist, wann und wie diese erfolgen sollen.

Der DBB NRW hat sich aus folgenden Erwägungen dafür entschieden, wieder Anträge zur Verfügung zu stellen:

Die durch den Besoldungsgesetzgeber in NRW gefundene Lösung zur Umsetzung der Entscheidung zur allgemeinen Alimentation („Grundbesoldung“) enthält eine gewichtige Neustrukturierung im Bereich des Familienzuschlags bis einschließlich dem zweiten Kind, so dass die „Reparatur“ der verfassungswidrigen Alimentation im wesentlichen durch eine regionale Komponente, orientiert an den Mietenstufen aus dem Wohngeldrecht, erfolgen wird. Kurz: Der Familienzuschlag für das erste und zweite Kind wird je nach Wohnort der Kollegin bzw. des Kollegen neu bewertet und je nach Mietenstufe ggf. sogar deutlich erhöht.

Der DBB NRW kann nicht abschließend beurteilen, ob mit dieser Neugestaltung die Besoldung aber auch die Versorgungsbezüge nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nunmehr verfassungsgemäß sind. Einerseits wirft die stärkere Betonung der kindbezogenen Familienzuschläge die Frage auf, ob das Leistungsprinzip im Besoldungsgefüge noch hinreichend beachtet ist. Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch die im Jahr 2022 krisenbedingt massiv veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Auswirkungen auf die Verfassungsgemäßheit der amtsangemessenen Alimentation haben und diese Folgen in der jetzigen Änderung – auch angesichts der moderaten linearen Steigerung von 2,8 % zum 01. Dezember 2022 – nicht hinreichend abgebildet werden. Dies gilt beispielsweise für die inflationsbedingt gestiegenen allgemeinen Lebenshaltungskosten aber auch für gestiegene Unterkunfts- und Energiekosten. Denn diese können sich bereits im Jahr 2022 auf die Höhe des Grundsicherungsniveaus auswirken, welches wiederum als Ausgangsbasis zur Ermittlung des Abstandsgebots heranzuziehen ist.

Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts führen zudem zu einer Pflicht, dass die Besoldungsgesetzgeber die Entwicklung der für die Bemessung der Alimentation maßgeblichen Parameter zu beobachten und die Besoldung ggf. anzupassen haben. Dies kann jedoch – je nach Vorliegen des statistischen Materials – eine rückwärtige Betrachtung auf bereits vergangene Zeiträume und Haushaltsjahre erfordern.

Daher kann aus Sicht des DBB NRW nicht ausgeschlossen werden, dass nachträglich Anpassungen der Besoldung im Jahr 2022 notwendig werden. Da der Besoldungsgesetzgeber in NRW jedoch bislang immer auf das Geltendmachungserfordernis im laufenden Haushaltsjahr beharrt hat, erscheint es aus Sicht des DBB NRW geboten, den Kolleginnen und Kollegen zur Sicherung möglicher Ansprüche für das Jahr 2022 erneut Musteranträge/-widersprüche zur Verfügung zu stellen.

Der DBB NRW weist ausdrücklich darauf hin, dass dieser Antrag und Widerspruch nur für das laufende Haushaltsjahr Geltung entfaltet und für jedes Jahr zu wiederholen ist. Er muss noch in diesem Kalenderjahr dem Dienstherrn zugehen. Derzeit existiert nach Kenntnis des DBB NRW noch die Weisung des Ministeriums der Finanzen NRW, bis zur abschließenden Klärung nicht über solche Anträge und Widersprüche zu entscheiden.