Verhagelte Aussichten – kein neuer Wind im Spitzengespräch!

Wie lässt sich die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes steigern? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Fortsetzung der Besoldungsgespräche zwischen den gewerkschaftlichen Spitzen und der Landesregierung. Nach dem ersten Auftakt im Mai 2020 folgte eine lange Dürreperiode innerhalb der Arbeitsgruppen, bevor es nach einigem Gewittergrollen im ersten Quartal dieses Jahres wieder ins Spitzengespräch mit Ministerpräsident Armin Laschet und Finanzminister Lutz Lienenkämper ging. Doch statt Sonnenschein herrschte auf beiden Seiten ein stürmischer Wind, der eine Klimaveränderung erahnen lässt. „Gute Zusammenarbeit sieht anders aus“, so das Resümee des DBB NRW Vorsitzenden Roland Staude.

Geradezu gebetsmühlenartig hat der DBB NRW Beamtenbund und Tarifunion Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Monaten seine Vorstellungen zur Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes immer wieder bei allen Gesprächen und sogar in einer schriftlichen Stellungnahme vorgetragen. Das Ergebnis ist gleich null. Dabei sollte gerade die Attraktivitätssteigerung ein Kernanliegen nicht nur der Gewerkschaften, sondern auch der Landesregierung sein. 15.000 Leerstellen und keine Besserung in Sicht. Das macht deutlich, dass der Öffentliche Dienst ein klares Attraktivitätsproblem hat. Auch die demografische Entwicklung verschärft die trüben Aussichten für einen zukunftsfähigen öffentlichen Dienst in NRW.

Aus diesem Grund war auch seinerzeit mit der Landesregierung vereinbart worden, im Zuge der Fortsetzung der Besoldungsgespräche über wichtige Kernthemen der Attraktivität zu sprechen. Der Fokus sollte dabei auf die Gestaltung der Arbeitszeit sowie auf die Belange besonders belasteter Berufsgruppen gerichtet werden. Für die detaillierte Ausgestaltung waren interministerielle Arbeitsgruppen gebildet worden. Doch statt einer konstruktiven Zusammenarbeit wurden den Gewerkschaften fertige Konzepte vorgelegt. „Wir konnten zwar unsere Vorschläge und Forderungen vortragen, eine echte inhaltliche Auseinandersetzung damit ist jedoch offensichtlich nicht erfolgt“, so Roland Staude. „Anders ist es nicht zu erklären, dass nicht ein einziger Vorschlag Einzug in das nun vorgelegte Eckpunktepapier gefunden hat.“

Ganz im Gegenteil stellt das Eckpunktepapier der Landesregierung ein „Sammelsurium an Kleinigkeiten“ dar, das Maßnahmen zusammenfasst, welche im Bereich des Öffentlichen Dienstes umgesetzt wurden bzw. bis zum Ende der Legislatur noch umgesetzt werden sollen. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe spiegelt das Papier dagegen nicht wider. Auffällig ist zudem, dass mindestens zwei wichtige Punkte darin fehlen, deren Umsetzung die Landesregierung jedoch angekündigt hatte:

  1. Die Sicherung von Überstunden vor dem Verfall war insbesondere zu Beginn der Corona-Krise angekündigt worden. Grundsätzlich gab es zwar bereits im Vorfeld Regelungen, die das verhindern sollten, dennoch verfallen jedes Jahr bis zu 70.000 Überstunden. Dies entspricht rund 40 Vollzeitstellen. Bestrebungen, das Problem grundsätzlich zu lösen, gibt es jedoch bisher nicht.
  2. Im Koalitionsvertrag und auch noch in einer Mitteilung an den Landtag im März 2018 hatte die Landesregierung angekündigt, sich für die Chancengleichheit von weiblichen und männlichen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst einzusetzen. Geschehen ist seit der Abschaffung des lang diskutierten §19 Abs. 6 LBG NRW zur Frauenförderung im Sommer 2017 jedoch nichts. Dass die Förderung der Chancengleichheit nun nicht mal mehr im Eckpunktepapier auftaucht, macht den Stellenwert dieses Themas für die Landesregierung offensichtlich deutlich.

Ebenfalls vermissen lässt das Eckpunktepapier das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Der DBB NRW hatte in diesem Zusammenhang gefordert, die Regelung aus der Arbeitszeitverordnung des Bundes zu übernehmen, nach der die Arbeitszeit von Beamtinnen und Beamten mit Kindern unter 12 Jahren bzw. mit pflegebedürftigen Angehörigen um eine Stunde auf 40 Stunden auf Antrag verkürzt wird (§3 AVZ Bund). „Damit hätte wenigstens ein kleines Signal an die Beamtinnen und Beamten gesendet werden können, nachdem die Landesregierung die Rücknahme der eigentlich befristeten Arbeitszeiterhöhung schon nicht für alle Beschäftigten umsetzen möchte“, so Roland Staude.

Zusammenfassend sind für den DBB NRW Vorsitzenden sowohl der Prozess als auch die Ergebnisse der Gespräche zur Attraktivitätsoffensive durchwachsen zu betrachten: „Die Einführung von Langzeitarbeitskonten ist zwar ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Flexibilität für Beschäftigte, die geplante Ausgestaltung lässt jedoch zu wünschen übrig.“ Gleiches gelte für das Thema Mobile Arbeit. Statt mit der Normierung eines Anspruchs auf pflichtgemäße Ermessensausübung eine absolute Minimallösung anzukündigen, hätte vielmehr die konkrete Ausgestaltung der Arbeit von Zuhause in den Blick genommen werden müssen. Die Dimension dieses Themas hat die Landesregierung offenbar nicht erkannt oder erkennen wollen. „Ein ‚Weiter so‘ der aktuellen, pandemiebedingten Zustände beim Homeoffice kann und darf es nach der Pandemie nicht mehr geben“, so Roland Staude. „Statt sich mit der Bezeichnung als Mobile Arbeit einen schlanken Fuß bei den Themen Arbeits-, Gesundheits- und Datenschutz sowie bei der technischen Ausstattung zu machen, müssen klare, zukunftsfähige Regelungen erarbeitet werden. Denn es muss jedem klar sein, dass hybride Arbeitsformen auch nach der Corona-Pandemie gefragt sein werden.“ Der Landesbundvorsitzende schlägt deshalb vor, das Thema Homeoffice in einer separaten Arbeitsgruppe zu behandeln. Als Voraussetzung dafür sieht er jedoch, dass von Seiten der Landesregierung eine wirkliche Zusammenarbeit gewünscht ist.

Wie es aussieht, scheint ein heißer Sommer bevor zu stehen, jedoch ist mit einem rauen Wind zu rechnen. Spätestens im Hinblick auf die Tarifrunde 2021 droht dann sogar ein stürmischer Herbst. Es bleibt zu hoffen, dass es zu keiner vorzeitigen Frostperiode kommen wird.

Quelle:
Beamtenbund Nordrhein-Westfalen, PM vom 20.05.21